Ferdy Kübler Seite 3
Doch
mit seinen unglaublichen Willensleistungen höhlt er seinen Körper aus.
Den Höhenflügen folgen Abstürze. Bei der Tour de France trifft er in
Grenoble 2 Minuten und 40 Sekunden nach Kontrollschluss ein und wird
nach Hause geschickt. An der Tour de Suisse reibt er sich an Bartali
auf und bricht schliesslich fürchterlich ein.
So
sitzt er also auf der Rennbahn, abgebrannt und ausgelaugt, und weiss
nicht, wie es mit seiner Karriere weiter gehen soll. Er kann nicht
ahnen, dass ausgerechnet der grosse Gino Bartali, der von Küblers
200-km-Flucht über Gotthard und Furka tief beeindruckt ist, den
Adliswiler bei Tebag ins Gespräch bringt. Er werde 1948 die Tour de
Suisse nicht bestreiten, weil er zu dieser Zeit in Belgien und Holland
mehr Geld verdienen könne, vertraut Bartali Bruno Mariani, dem
Sportlichen Leiter von Tebag, an. Er solle doch Ferdy verpflichten, der
werde ein Campionissimo. Mariani, im Hauptberuf Gemüsehändler, spricht
beim Patron Fritz Dietsche vor. Als Geschäftsmann gehört der Basler,
wie die Auto-Importeure Emil Frey und Walter Häfner zu jenen Pionieren,
die nach dem Krieg etwas aufbauen. Er ist Chef der Technische Bedarfs
AG, kurz Tebag genannt, vertreibt in der Schweiz die
Continental-Reifen, und weil er denkt, dass den Leuten das Geld fehlt,
um sich ein Auto zu kaufen, beginnt er an der Lavaterstrasse 66 mit der
Produktion der Tebag-Velos. |
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1953
Bordeaux-Paris
1 Etappe der Luxemburg-Rundfahrt
1954
Schweizer Strassenmeisterschaft Tessiner Rundfahrt
2 Etappensiege, Punkteklassement (Grünes Trikot) und Gesamtzweiter der
Tour de France Challenge Desgranges Colombo
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Dietsche
ist selber nicht Radfahrer, aber er hat ein Gefühl für diese archaische
Sportart, in der nicht nur unglaublich gelitten, sondern auch taktiert
und gemischelt wird. Er ist nicht eben begeistert vom Vorschlag, Kübler
zu verpflichten. Die Leistungsschwankungen des «Lausbuben» sind ihm
verdächtig. Doch der Instinkt sagt ja. Dietsche zitiert Kübler zu sich
ins Büro. Dort verspricht er ihm 500 Franken Lohn im Monat und
verschreibt ihm eine Erholungskur.
«Fahren Sie mit
ihrer Frau nach Arosa und machen Sie, dass Sie gesund werden.» Kübler
kann nur schwer glauben, was mit ihm passiert. Wenn im Hallenstadion
Rennen stattfinden, reist er vom Bündnerland nach Zürich. Dort wird er
von Dietsche abgefangen, sofort nach Arosa zurückgeschickt – mit der
vom Tebag-Chef spendierten Siegprämie im Sack.
Es
ist der Anfang einer phantastischen Zusammenarbeit. «Fritz Dietsche war
wie ein Vater für mich», wird Ferdy Kübler später sagen. |
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